Gedichte | 10
Peter Köck: Das unbewältigte Wörterbuch. Gangan Verlag, Wien 1990, 128 Seiten, Englische Broschur, 21 x 14.5 cm, ISBN 3-900530-17-3 | Amazon | € 9,90
Köck dürfte trotz seiner Beteuerung, streng formal zu operieren, ein Spontandichter sein. Von meinem ersten zustimmenden Brief erfreut, schrieb er mir an einem Wirtshaustisch neben einem fröhlichen Antwortbrief in einem langen Atemzug, mehrere meiner Briefwörter durchoperierend, das nicht nur viele Seiten lange, sondern auch wirklich vielseitige Rabengedicht.
Angenehmes Merkmal des Spontanen scheint mir die Unerrechenbarkeit zu sein, auch dort, wo kombiniert, variiert und permutiert wird. Die Langweiligkeit seitenlanger regelmäßiger Ornamente, mit einem Blick erledigbarer reiner Kristallgitter findet hier nicht statt. Von Sekunde zu Sekunde kommen neue Methoden, neue ergiebige Einzeleinfälle ins Spiel. Von Minute zu Minute wird die alte Rechenmaschine weggeschmissen — Minderbemittelte werden sie aufklauben und noch jahrelang, bis zur Schrottreife, verwenden.
– Andreas Okopenko
Das Bild steht noch deutlich vor Augen: Der ertrunkene Dichter Peter Köck, damals 39, wird am 1. Juni 1989 in der Nähe von Groß-Enzersdorf aus dem Donau-Oder-Kanal gefischt. Ein Jahr später ist nun beim gangan Verlag der zweite Band einer Peter Köck gewidmeten Werkausgabe erschienen. Köck bediente sich darin permutativer Verfahren. Dabei wird ausgewähltes Wortmaterial semantischen und seriellen Veränderungen unterworfen. Das stellt Köck in die Tradition der experimentellen Literatur. Der studierte Sprachwissenschafter entlockte aber seinem (vorgeblich) Wörterbüchern entlehnten Vokabular, das er in fingierte Rede- und Argumentationsmuster einpaßte, gänzlich neue oder betont gesuchte Wendungen, die seiner Arbeit eine stark persönliche Note verliehen.
– Ronald Pohl (Standard vom 19. Dezember 1990)
Eine eigenständig spontane, lustvoll verspielte Antwort auf die streng serielle Operationstechnik der Wiener Gruppe und ihrer nachhinkenden Ableger. Zu sehr war Köck ins Spiel mit Wortklang und -farbe verliebt, um sie einer strengen Konstruktion zu unterwerfen. Wo wieder andere in die Metapher auskehren, greift seine Lyrik ‘pragmatisch’ in die Alltagserfahrung und zerkaut humorvoll deren ungeschliffenes Wortarsenal. Nie degradiert die assoziative Überraschung das paronomastische Jonglieren mit dem Inhalt zur bloßen Pointe.
Peter Köck hat sich beim Schreiben wie im Leben gehen lassen, darum pulsen seine Gedichte vor Lebendigkeit. Als Leser hat man das anfeuernde Gefühl: sie werden in dem Moment, vor eigenen Augen geschrieben und bei jedem Wiederlesen neu. Die vielen falschen Töne, die eine wacklige Trompete – Musiker und Bildkünstler war er nebenbei auch – an heißen Sommertagen durch die Grazer Herrengasse geblasen hat, hier klingen sie nach. Und wer genau hinhört, der merkt, obwohl tragischerweise etwas spät: es waren die richtigen.
– Richard Stradner (1. März 1991 in der Kleinen Zeitung)
Erinnerungen an einen früh Verstorbenen: Von Peter Köck (1949 – 1989), ein böser Bube, der schreibt, wie ein Nachfahre der Wiener Gruppe nur schreiben kann, hat der gangan Verlag ‘Das Unbewältigte Wörterbuch’ neu aufgelegt. Wie da einer mit Sprache umgeht, respektlos und provokant, ist immer auch witzig.
– Anton Thuswaldner (19. Jänner 1991 in den Salzburger Nachrichten)
Die Großverlage produzieren Maschinensemmeln, wir Kleinverleger machen das Feingebäck, behauptet Horst Gerald Ganglbauer, Kleinverleger mit Adressen in Graz, Wien und Sydney. Eines seiner feinsten Gebäcke dürfte wohl die Ausgabe der Werke des Peter Köck sein.
– (Lesezirkel der Wiener Zeitung, Nr. 49)